Von Hermann Ludwig

Die Küche auf dem Sauerlandshof in Körbecke ist die Herzkammer des Bauernhofs. Hier fühlt sich Biobauer Josef Jacobi, der jetzt seinen 80. Geburtstag feierte, im Kreis von Familie (vier Kinder, fünf Enkel), Freunden, Weggefährten und Mitarbeitern gut aufgehoben.
Am Sonntag wurde der Küchenraum gleichsam erweitert, in der Körbecker Gemeindehalle ließen viele Gäste das Geburtstagskind wie in der guten Bauernhof-Stube hoch leben. Die Oberwälder Musikanten stimmten ein Geburtstagslied an. Ein bunt gemischter Chor ließ das ereignisreiche Leben des streitbaren Urgesteins musikalisch Revue passieren.
Ein Menschenfänger im positiven Sinn
Wie das Leben in einer Bauernhof-Küche pulsiert, ließ Biobauer Matthias Stührwoldt aus dem hohen Norden, bekannt für seine Kolumnen im Bauernblatt, anschaulich vor dem geistigen Auge aufblitzen. Viele pikante Details aus der Stührwoldt-Familienküche in Stolpe, wie die bunt gestopfte Unterwäsche des Altbauern, wurden dabei unterhaltsam offenbar. Was aber in der Bauernhof-Küche der Jacobis diskutiert wird, das hat oftmals weitreichende Wirkung. „Josef ist ein Menschenfänger im positiven Sinn“, führt Sven Mindermann, Geschäftsführer der Landschaftsstation des Kreises Höxter aus. Von hier aus wurden viele Netzwerke gesponnen, um die bäuerliche Landwirtschaft zu stützen. Dabei war es Josef Jacobi immer wichtig, die konventionellen Landwirte und die Biobauern miteinander im Gespräch zu verbinden.
Viel beachtetes Zeichen gegen den Rechtsruck
Dabei kam ihm zugute, dass er in der familiären Folge als Jugendlicher in die CDU eintrat. Früh engagierte er sich in der Jungen Union, war aktiv in der Landjugend, auch im eher fortgeschrittenen Alter. In seiner Ausbildung lernte „Joppi“ Jacobi Mitstreiter kennen, die wir er konservativ im Sinne der Bewahrung der Schöpfung dachten. Ein treuer Freund aus diesen Tagen ist Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf. Den Landwirt und Politiker aus Spenge hatte Jacobi auf der Landbauschule in Herford kennengelernt.
Während „Graefe“ die agrarpolitischen Themen bei den Bündnisgrünen fachlich versiert vertrat, blieb Josef Jacobi der CDU treu, bis jetzt CDU-Kanzler Friedrich Merz bei einer Abstimmung im Bundestag die AFD-Unterstützung nutzte. „So hat es damals bei Hitler auch angefangen“, setzte er mit seinem Austritt ein viel beachtetes Zeichen gegen den Rechtsruck.

Ein Pionier des Ökolandbaus in Deutschland
Als der mittlere unter den sieben Geschwistern auf dem elterlichen Sauerlandshof übernahm Josef Jacobi schon früh Verantwortung für den Weiterbestand des traditionsreichen Betriebes. Nach dem Unfalltod des Vaters Anfang der 1970er Jahre wurde er frühzeitig mit 27 Jahren der Bauer auf dem Hof. Als einer der ersten in Deutschland stellt er den Betrieb dann in den frühen 1980er Jahren auf Bio um und gehörte damit zu den Pionieren des Ökolandbaus. Im Fokus stand dabei die Vielfalt der Fruchtfolge und die Wertigkeit der erzeugten Lebensmittel, immer einher gehend mit einer politischen Komponente.
Aktivposten in der Anti-AKW-Bewegung
Im Zusammenhang mit der Anti-AKW-Bewegung war Josef Jacobi frühzeitig aktiv, schließlich war das 1968 erbaute Atomkraftwerk Würgassen nur 13 Kilometer entfernt. Den Verheißungen des Atomzeitalters hat Josef Jacobi nie geglaubt, die Gefährlichkeit und Langzeitfolgen der Atomtechnik waren für ihn offenbar. Häufig war der Trecker im Einsatz, wenn es Aktionen gegen das AKW Grohnde oder das Atommüll-Endlager Gorleben gab. Viele Aktionen gegen das AKW in der Nachbarschaft tragen die Handschrift Jacobis, zuletzt der Widerstand gegen das geplante Atommüll-Zwischenlager in Würgassen.
Die Folgen für die Umwelt und die Menschen zu beachten, das war wichtiges Prinzip im Leben. 1981 versuchte die hessische Landesregierung unter Holger Börner, den Bau einer Wiederaufbereitungsanlage (WAA) bei Wethen durchzusetzen. Auch hier gehörte Jacobi zu den engagiertesten Kritikern. Am 19. Juni 1981 sprach er auf dem Gelände, wo sich mehr als 3000 Menschen versammelt hatten, dabei rollten auch 500 Trecker nach Wethen. Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Bördeland und Diemeltal“, trug Josef Jacobi von Anfang an mit. Die Verhinderung einer geplanten Giftmülldeponie bei Borgentreich einte ab 1989 viele Naturschützer.

Als AbL-Vorsitzender die Landwirtschaftspolitik mitgestaltet
Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, das ist Markenzeichen Josef Jacobis. Als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gestaltete er viele Jahre die Landwirtschaftspolitik mit und stand dabei oftmals gegen die Pläne des Bauernverbandes und damit auch vieler CDU- oder CSU-Agrarminister. Im Fokus war dabei besonders der Milchmarkt, den er konstruktiv mitgestaltete. 1996 gründete er mit anderen streitbaren Milchbauern die Upländer Bauernmolkerei im nordhessischen Willingen und ist von Anbeginn deren Aufsichtsratsvorsitzender.
Zur Hochzeit gab es den ersten eigenen Bio-Käse
Die Milch vom eigenen Hof war dabei auch Keimzelle eines wichtigen Bestandteils des Sauerlandshofes, der Käserei. 1985 kam Heike Schäfer als Praktikantin auf den Hof. „Sie hätte mich wohl nie geheiratet, wenn ich nicht auf Bio umgestellt hätte“, sagt Josef Jacobi schmunzelnd. Zur Hochzeit im Jahr 1988 gab es den ersten Käse aus eigener Herstellung, der so gut ankam, dass Heike Schäfer-Jacobi diesen Bereich weiter ausbaute. Von der Qualität des Bioland-Käses konnten sich die vielen Gäste auch beim Büffet überzeugen.
Großes Fachwissen und gutes Miteinander auf dem Hof
2020 übernahmen Sohn Julius und Schwiegertochter Kate den Hof, der heute spezialisiert ist auf Milchviehhaltung und Saatgutvermehrung. „Ich bin schon früh durch das politische Engagement meines Vaters geprägt worden“, sagt Hofnachfolger Julius Jacobi, der das „große Fachwissen“ seines Vaters und das gute Miteinander auf dem Hof zu schätzen weiß. „Ein Streit darf nicht länger als einen Tag dauern“, diese Regel gelte auf dem Sauerlandshof, schließlich ist die konstruktive Kommunikation seit jeher der Kitt der Familie, genau wie die offenen Türen, nicht nur zur Küche.

Die Panzerblockade von Körbecke
Manchmal kann Josef Jacobi auch hartleibig sein, wie die vielfach erzählte Geschichte mit den Panzern der Engländer in Körbecke unterlegt. Die Manöverschäden auf den Feldern und den Dorfstraßen waren der Bevölkerung ein Dorn im Auge. Bei einem Manöver fuhren die Panzer durch den Ort, wo gerade die Randsteine für die neue Dorfstraße gelegt waren. Jacobi sieht beim Frühstück die nahenden Panzer und stellt sich im Morgennebel auf der noch ungeteerten Straße in den Weg. „Der Panzerfahrer bremst, die Schnauze mit der Kanone wippt, der Koloss steht“, so intonierte der Geburtstags-Chor die Szenerie. Gattin Heike macht ein Foto, „ein ikonenhaftes Bild“, meint Biobauer Matthias Stührwoldt, „das sogar in unserer WG-Wohnung gehangen hat“. Die Panzerblockade dauert Stunden, ehe die Engländer rückwärts fahrend den Ort verlassen. Widerstand kann sich lohnen, genau wie Küchentisch-Gespräche.