Erzeuger-Verbraucher-Dialog im Warburger PZ

Referenten des Erzeuger-Verbraucher-Dialogs vor der Bühne beim Pressefoto.
Veranstalter und Referenten beim EVD in Warburg (v.l.): Günter Schumacher (Bürgerinitiative), Stefanie Hüser-Dierkes (Hansestadt Warburg), Lorenz Sökefeld (Biohof Sökefeld, Borgentreich), Jenny Fromme (Verbraucherberatung NRW, Paderborn), Maximilian Klare (Fleischerei Klare, Bühne), Valentin Kunze (Köhlingshof, Borlinghausen), Volker Schröder (Wochenmarkt24, Bielefeld). © BI Bördeland & Diemeltal

Der Erzeuger-Verbraucher-Dialog (EVD) im Rahmen der Aktionswochen für nachhaltige Ernährung fand am 10. September im Pädagogischen Zentrum in Warburg statt. Ziel war es Erzeuger und Verbraucher ins Gespräch zu bringen und über die gegenseitigen Wünsche und Erfahrungen zu sprechen. Beim Erzeuger-Verbraucher-Dialog waren insgesamt fünf Referenten dabei:

Die Organisation des EVD übernahmen die Projektmitarbeiter und ehrenamtliche Helfer der BI. Günter Schumacher, Geschäftsführer der Bürgerinitiative, begrüßte die Anwesenden, führte in das Projekt „Warburg is(s)t regional, bunt und nachhaltig“ ein und stellte das Programm des Erzeuger-Verbraucher-Dialogs vor. Dabei unterstrich er die Bedeutung der regionalen, gesunden und klimagerechten Ernährung und die Aktivitäten der BI in diesem Bereich. Unterstützt und gefördert wird der Erzeuger-Verbraucher-Dialog von der Hansestadt Warburg und der Rentenbank.

Das Programm des Erzeuger-Verbraucher-Dialogs:

Ökologischen Landwirtschaft: Einblicke vom Biohof Sökefeld

Lorenz Sökefeld ist Landwirt aus Überzeugung. Nach landwirtschaftlicher Ausbildung und dem Studium der ökologischen Landwirtschaft baut er seinen Biohof in Borgentreich auf. Der Betrieb hat verschieden Standbeine. 300 Legehennen erzeugen Bio-Eier, die direkt ab Hof verkauft werden. Auf 95 Hektar Land betreibt er Saatgutvermehrung, Zuckerrübenanbau und Futteranbau für seine Tiere. Dazu zählen 500 Ziegen mit denen der Hof Ziegenmilch produziert.

Am Thementisch diskutierten die Teilnehmer das Vorurteil, das Wiederkäuer „Schuld am Klimawandel“ seien. Kritisch sahen die Teilnehmer bei den Gesprächen, dass die Nähe zur Landwirtschaft verloren geht. Die Folge ist ein geringeres Verständnis für die Belange der Landwirtschaft und eine geringere Wertschätzung. Nach Meinung der Diskutanten sollte an Schulen und Kitas angesetzt werden, um dort für mehr Verständnis zu werben.

Zudem sollte die Bereitschaft erhöht werden, mehr Geld für hochwertige und regionale Produkte auszugeben. Das heißt dann auch Prioritäten zu setzen, z.B. Ernährung vs. Urlaub. Der Fleischkonsum kann dabei in Maßen geschehen. Die Verbraucher halten es für notwendig, dass Lebensmittel besser und verständlicher nach Qualität gekennzeichnet werden.

Erzeuger und Verbraucher waren sich einig, dass nicht „schwarz-weiß“ gedacht werden sollte. Um die Welt ernähren zu können, braucht es sowohl das Getreide auf dem Acker, wie auch die Tiere im Stall.

Revolutioniert Wochenmarkt24 regionales Einkaufen?

Neue Wege in der regionalen Lebensmittelversorgung stellte Volker Schröder von Wochenmarkt24 vor. Wochenmarkt24 ist ein Online-Markt für regionale und lokale Lebensmittel. Bei Wochenmarkt24 gibt es keine Zwischenhändler. Somit können die Kunden regionale Familien- und Handwerksbetriebe mit ihren Einkäufen direkt unterstützen und Wochenmarkt24 seinen Kunden marktfähige Preise bieten.

Anne Rehrmann von der Regionalbewegung präsentierte die Ergebnisse am Thementisch von Wochenmarkt24. © BI Bördeland & Diemeltal

Wochenmarkt24 wurde im Jahr 2018 gegründet und liefert in zehn bestehenden Regionen. 300 Erzeuger bieten den 50.000 Kunden insgesamt 20.000 Produkte. Über 750.000 Bestellungen wurden bereits bei Wochenmarkt24 aufgegeben. Wochenmarkt24 fördert eine nachhaltige Landwirtschaft durch direkte Kaufentscheidungen und die Umweltbilanz durch kurze Transportwege und kurze Wertschöpfungsketten.

Auf Ihrem Tablet können die Erzeuger jederzeit sehen, welche Produkte in welchen Mengen bei Ihnen bestellt wurden. Um 19 Uhr holen die Fahrer die von den Betrieben gepackten Kisten dann ab. Die Kühlkette bleibt dabei durchgehend erhalten. Die Fahrer packen die Produkte ein und versehen sie mit einem QR-Code-Sticker. Der bestellte Warenkorb des Kunden wird dann zusammengestellt und in der derselben Nacht bis 6 Uhr ausgeliefert.

In der Diskussion am Thementisch bedauerten die Verbraucher das Fehlen einer Marktkultur und das Sterben der Tante-Emma-Läden. Die Logistik in Bielefeld wird über einen Logistikpartner abgewickelt. Die Logistik erfolge in Nacharbeit und die Vergütung sei gut, so Volker Schröder. Positiv bewerten die Verbraucher die Nutzung von E-Fahrzeugen und damit den klimafreundliche Transport. Bestellt wird bei Wochenmarkt 24 gegen Vorkasse. Ob die Waren lose oder verpackt verschickt werden, entscheiden die Erzeuger. Dass es Wochenmarkt24 gibt, wurde positiv bewertet. “Eine wunderbare Sache“, urteilte ein Verbraucher.

Der Label-Dschungel im Lebensmittelmarkt

Jenny Fromme von der Verbraucherzentrale in Paderborn stellte zunächst das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale in Höxter vor. Die Verbraucherzentrale ist ohne feste Beratungsstelle vor Ort, seit 2021 aber „mobil & digital“ erreichbar.

Es gibt eine Vielzahl von Regionalitätssiegeln. Im Kreis Höxter ist es zum Beispiel das „Kulturland Kreis Höxter“-Siegel für Produkte aus der Region. Es gibt ein Siegel von der Regionalbewegung und das „Regionalfenster“. Hier wird aufgeführt, wo das Produkt her stammt, wo es verarbeitet wurde und wie hoch der Anteil regionaler Rohstoffe am Gesamtprodukt ist. Es gibt zudem EU-Siegel für geschützte Ursprungsbezeichnungen oder geschützte regionale Angaben.

Diskussion am Thementisch über Lebensmittelverpackungen und Gütezeichen.
Jenny Fromme von der Verbraucherzentrale NRW erläuterte Label und Gütezeichen, die auf Lebensmittelverpackungen zu finden sind. © BI Bördeland & Diemeltal

Tierwohl-Siegel sind ebenso wie Regionalitäts-Siegel freiwillig. Sie lassen sich in die Kategorien „grün“ für ein hohes Tierwohl-Niveau, ein „gelbes“ Tierwohl-Niveau, oder ein „rotes“ Tierwohl-Niveau einteilen. Ein hohes Tierwohl-Niveau haben die bekannten Verbände Bioland, Demeter, Naturland oder Neuland. Es gibt verschiedenste Biosiegel im Einzelhandel. Die Biokennzeichnung ist gesetzlich geregelt. Die Begriffe „Bio“ und „Öko“ sind gesetzlich geschützt! Es gibt freiwillige Angaben, das EU-Ökologo muss immer abgebildet werden!

Im fairen Handel gibt es einen Siegel-Dschungel. „Fair“, „Fairer Handel“, „fair gehandelt“ sind keine geschützten Begriffe, d. h. jeder Hersteller kann ein Produkt so bezeichnen, solange es keine gesetzliche Regelung gibt! Zu beachten sind auch „Green Claims – grüne Werbeaussagen“, wie „nachhaltig“, „CO2-neutral“, „klimaneutral“ oder „klimafreundlich“. Hier handelt es sich oft um Greenwashing. Es gibt bisher noch keine gesetzliche Regelung.

Über die einzelnen Güte-Siegel informierte Jenny Fromme am Thementisch. Sie empfahl regionale Betriebe aufzusuchen und dort einzukaufen. Die Begriffe „Bio“, „Öko“ und „Ökotest“ wurden erläutert und auf das „Greenwashing“ hingewiesen. Auch der Nutri-Score war ein Diskussionsthema. Der Nutri-Score vergleicht Produktgruppen, wobei verarbeitete Lebensmittel oft einen höheren Nutri-Score haben. Die Farbe „grün“ bedeutet dabei aber nicht immer optimal!

Regenerative Landwirtschaft auf dem Köhlingshof

Teilnehmer beim EVD diskutieren im Format des Worldcafés an verschiedenen Thementischen.
Valentin Kunze stellte die regenerative Landwirtschaft auf dem Köhlingshof vor. © BI Bördeland & Diemeltal

Die Regenerative Landwirtschaft und deren Umsetzung auf dem Köhlingshof stellte Valentin Kunze vor. Der Köhlingshof setzt dabei auf folgende Ziele:

  • Boden aufbauen: Boden aufbauen; durch Humusaufbau CO2 einspeichern und Wasserspeicherkapazität erhöhen
  • Ökosystemprozesse: Natürliche Ökosystemprozesse verstehen, nutzen und imitieren
  • Regionale Wertschöpfung: Regionale Wertschöpfungsketten neu denken, etablieren und ausbauen
  • Low-input: Möglichst geringer Einsatz von fossilen, technischen und fnanziellen Lösungen
  • Aufbauend: Sowohl ökologisch, sozial als auch persönlich aufbauend

Umgesetzt wird die Strategie auf dem Köhlingshof folgendermaßen:

No-Dig Market Gardening – Permanente Beete und Wege • Präzise Anbauplanung • Durchdachte Arbeitsabläufe

Bodenaufbau und Imitation von natürlichen Prozessen – Kein Pflügen, Fräsen oder Umgraben • Kompost als Dünger • Wurzeln bleiben im Boden • Hackschnitzel als Wege

Regionale Wertschöpfung – Zukauf von Kompost aus der Region • Gemüse-Abokiste geliefert vom Köhlingshof bis nach Wolfhagen und Paderborn • Hofladen jeden Freitag • Kooperation mit Gastronomen in der Region

Holistische Weidetierhaltung – Nachahmung des natürlichen Herdeverhaltens von Wiederkäuern • Wechselspiel aus intensiver Beweidung und Regeneration – CO2-Einspeicherung im Boden – Stetige Verbesserung des Graslands

Wöchentliche Gemüsekiste im Abo – Gemüse aus eigenem Anbau • Große und kleine Gemüsekiste • Flexibles Preismodell • Erntefrisch nach Hause geliefert

Fleischpakete vom Weidelamm und Weiderind – Fleisch von gesunden Weidetieren • Tierhaltung mit ökologischem Nutzen – „Nose-to-tail“ Ansatz durch Verkauf in Paketen

Hofladen – Jeden Freitag 15-17 Uhr • Erntefrisches Gemüse • Eier von freilaufenden Hühnern • Frisches Brot vom Eschenhof

Valentin Kunze erläuterte am Thementisch den Ansatz seines Hofes. Er möchte in Zukunft den Betrieb erweitern. Derzeit liefert der Köhlingshof Gemüse, Eier von den Legehennen und Schafe. Eine Rinderzucht soll dazu kommen. Eine Crowdfunding-Aktion zum Erwerb einer Rinderherde stellte er vor. Der Köhlingshof liefert saisonale Gemüse, die täglich frisch zum Kunden geliefert werden. Gemüsekisten können im Abo bestellt werden.

Genussideen der nächsten Generation beim Erzeuger-Verbraucher-Dialog

Maximilian Klare hat im Jahr 2023 die Meisterprüfung im Fleischerhandwerk abgeschlossen und ist in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Dieser wurde im Jahr 1957 gegründet. Eine eigene Rinderzucht betreibt die Fleischerei Klare seit 1977. Die Fleischerei hat eine eigene Schlachtung von Rindern und Schweinen und stellt alle Produkte selbst her. Das komplette Sortiment wird angeboten, darunter Dauerwurst, Kochwurst, Brühwurst sowie Rohschinken

Die Fleischerei setzt dabei stark auf Regionalität. Lokale Betrieb erzeugen die Schweine im Umkreis von 17 Kilometern. Gewachsene Geschäftsbeziehungen bestehen teilweise bereits seit 60 Jahren. Strohschweine werden extra für die Fleischerei Klare gefüttert, bis sie nach einem Jahr das Schlachtgewicht von 165 Kilo erreicht haben.

Teilnehmer am Thementisch sprechen über die Zukunft des Fleischerhandwerks
Genussideen der nächsten Generation stellte der junge Fleischermeister Maximilian Klare vor. © BI Bördeland & Diemeltal

Der Vertrieb der Produkte erfolgt über das Ladengeschäft und den Lebensmitteleinzelhandel wie Edeka. Der Vertrieb erfolgt aber auch über Wiederverkäufer wie Bäcker und Gastronomen und den Wochenmarkt24. Die Fleischerei verkauft über eine Verkaufsstelle. Das hat nach Aussage von Maximilian Klare mehr Vorteile als mehrere Filialen. Etwa 50% des Verkaufs geht über die Wiederverkäufer. Einen Partyservice bietet die Fleischerei ebenfalls an.

Die Fleischerei Klare betreibt echtes Lebensmittelhandwerk. Individuelle Produkte und Mengen sind kein Problem. Qualität steht dabei im Vordergrund. Sowohl die Arbeit wie auch die Produkte haben in der Fleischerei Klare Tradition. So sichert die Fleischerei Wissen um die Herstellung der Wurst- und Fleischspezialitäten und Arbeitsplätze bleiben erhalten.